50. Europäisches Forum der Gildepfadfinder in Großarl

Kurzbericht des Workshops „Pfadfinden mit und ohne Behinderung“

 

1.Basics

B.P. hat sich bereits vor 100 Jahren für das „Pfadfinden für alle“ ausgesprochen. Auch Menschen mit einem Handicap sollten daher die Möglichkeit haben, Pfadfinder*innen zu sein. In einigen pfadfinderischen (Jugend-)Verbänden hat die Beteiligung behinderter Kinder und Jugendlicher eine lange Tradition.

In unserem Workshop haben wir uns mit dem Thema „Pfadfinden mit und ohne Handicap“ beschäftigt; und zwar mit einem besonderen Blick auf die Gildenarbeit. Insbesondere durch die demographische Entwicklung in Europa und die damit immer älter werdende Gesellschaft ist unser Thema hochaktuell.

Hinzu kommt, dass die UN Behindertenrechtskonvention in den meisten Europäischen Staaten vor ca. 10 Jahren ratifiziert wurde. Seither ist die Inklusion von Menschen mit Behinderungen nicht mehr nur abhängig vom sozialen Engagement einiger Menschen. Inklusion behinderter Menschen ist vielmehr geltendes Recht.

Die Konzepte PTA (ursprünglich aus den 60er und 70er Jahren) und PWA waren wesentliche erste Schritte in Richtung Integration. Diese Konzepte sind eine gute Basis für die weitere Entwicklung in Richtung Inklusion. Der Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen lässt sich am besten bildlich wie folgt darstellen:

 
In der Gildenbewegung gibt es eine Reihe sehr unterschiedlicher Aktivitäten in Bezug auf behinderte Menschen, die jeweils auf ihre Art und Weise gut sind. Es gibt nicht die eine Patentlösung. Vielmehr müssen Angebote bedarfsgerecht und kreativ gestaltet werden.

2. Barrierefreiheit

Im Workshop haben wir uns zunächst mit barrierefreiem Gildenprogramm befasst. Hier einige Beispiele:

Barrierefreiheit für gehbehinderte Menschen wird im Wesentlichen durch stufenlose Zugänge (ebenerdig oder mittels Rampe) und ggf. durch barrierefreie WCs erreicht.

Barrierefreiheit für Menschen mit mentalen Einschränkungen wird u.a. durch „leichte Sprache“ (z.B. Sprache ohne Fremdwörter und in kurzen Sätzen) sowie durch Unterstützung mit Bildern und Piktogrammen geschaffen.

Für sehbehinderte Menschen sind taktile Möglichkeiten (z.B. Leitlinien auf Wegen) bzw. akustische Ansagen äußerst hilfreich.

Hörbehinderungen sind zwischen Gehörlosigkeit und Schwerhörigkeit zu unterscheiden. Während gehörlose Menschen oftmals Gebärdensprache sprechen, ist für schwerhörige Menschen eine induktive Hörtechnik sehr hilfreich. Für benötigte technische Hilfsmittel muss der Beteiligte natürlich selbst sorgen.
Oftmals reicht es aber auch aus, wenn der Betroffene kleine Hilfestellungen seiner Gildebrüder- und -schwestern erhält.

3. Zwischenmenschliches …

Ein weiteres Thema war der entspannte und gegenseitig wertschätzende Umgang von Menschen mit und ohne Behinderung miteinander.

Je früher Menschen mit und ohne Handicap Kontakt miteinander pflegen, desto eher können sie Berührungsängste abbauen und Sensibilität füreinander entwickeln. Ein gewisses Maß an Mitgefühl ist okay. Mitleid ist allerdings für einen guten Umgang miteinander nicht geeignet; denn Mitleid wertet Menschen ab.

Eine strikte Unterteilung der Menschen in „Behinderte“ und „Nichtbehinderte“ wird niemandem gerecht. Jeder Mensch hat besondere Talente, die es zu fördern gilt.
Im Workshop waren wir der Meinung, dass die folgenden Aspekte eine ganz besondere Bedeutung haben:

  • Selbstbestimmung
  • Selbständigkeit
  • Selbstsicherheit
  • Selbstwertgefühl

 
Gerade der behinderte Mensch ist selbst Fachmann/Fachfrau in eigener Sache

In diesem Sinne sollten wir darauf achten, dass wir Menschen mit Handicap in unseren Gruppen und Gilden fordern und fördern anstatt sie zu sehr zu umsorgen, denn: Das Gegenteil von „gut“ ist „gut gemeint“ 😉

Großarl, 2. Juni 2018
Angela Ströter (Referentin im VDAPG fürs Pfadfinden mit und ohne Behinderung)

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