Dass die Eifel wild und schön ist, dass sie nicht nur aus Maaren besteht, dass es dort an die 140 Burgen und unzählige Klöster, Abteien und zum Teil prunkvolle Kirchen gibt – all dies erfuhren die 34 Teilnehmer des 29. Treffens der Region West, die dieses Gebiet vom 24. bis 26. April dank der Führung und Kenntnisse unseres Historikers Kalla – vulgo Karl Scherer – erkundeten. Dass die Fans der Eifelkrimireihe „Mord mit Aussicht“ den weltweit berühmten Tatort Hengasch nicht fanden lag wohl an den Diskrepanzen der Navis. Sei‘s drum!
Auch so gab es genügend Höhepunkte zu bestaunen. So etwa das Örtchen Neroth. „Aha“ werden jetzt die alten Hasen sagen: „der Ursprungsort der Nerother Jugendbewegung“. Schon, aber dass Neroth generationenlang von der Herstellung von Mäusefallen lebte und man dort die Tradition der Herstellung dieser und anderer Drahtgebilde immer noch pflegt und in einem absolut sehenswerten Mäusefallenmuseum zur Schau stellt wissen wohl die Wenigsten. Eine in originaler Handarbeit hergestellte Falle (1 Stunde Arbeit) kann man dort für 25.- „Mäuse“ erwerben – eine Bereicherung einer jeden Raritätensammlung. Der letzte Nerother Betrieb von Josef Pfeil schloss 1979. Seine Werkstatt bildet den Kern des „Mausefallenmuseums
Oder die Bierstadt Mendig. „Wie“ werden die Uneingeweihten sagen, „hier inmitten der Eifel!“. Auch Stadt der Mühlsteine! Jawohl: viele Schlackenkegel und besonders der Laacher-See-Vulkan haben seit etwa 450.000 Jahren immer wieder durch Vulkanausbrüche die Landschaft geformt. So sind die bekannten Niedermendiger Mühlsteinbrüche in einem vor etwa 200.000 Jahren aus dem unweit des Laacher Sees gelegenen Vulkan Wingertsberg ausgetretenen Lavastrom angelegt worden. Die sich in 32 Meter Tiefe über eine Fläche von nahezu 3 qkm erstreckenden großen Lavakeller (Felsenkeller) entstanden beim Basaltabbau der Mendiger Mühlstein–Lava. Als aufgrund der Einführung von Stahlwalzen im Mühlenwesen die Mühlsteinindustrie einen Niedergang durchlebte wurden die temperaturstabilen Stollen (5–8 °C) ab 1843 zu Gär- und Lagerkellern für zeitweise 28 Brauereien eingesetzt. Mendig hat wegen dieser hohen Zahl von Brauereien bis heute den Ruf einer „Bierbrauerstadt“.
Genug des Profanen – wenden wir uns den künstlerisch/historischen Aspekten des Wochenendes zu.
Freitag. Man traf sich um 13.30 Uhr bei herrlichem Wetter in der Zweiburgenstadt Manderscheid. Manderscheid (Manisch) wurde erstmals 973 urkundlich erwähnt. Balduin von Luxemburg verlieh dem Ort 1332 Stadtrechte. Es war Hauptort eines kurtrierischen Amtes und gleichzeitig auch der Grafen von Manderscheid. Ab 1794 stand ganz Manderscheid unter französischer Herrschaft, 1815 wurde der Ort auf dem Wiener Kongress dem Königreich Preußen zugeordnet. Seit 1946 ist er Teil des damals neu gebildeten Landes Rheinland-Pfalz. Dies erklärt die beiden, durch das Flüsschen Lieser getrennten Burgen, mittels derer die jeweiligen Herrscher ihren Anspruch auf ihr Gelände absicherten.
Als nächstes die im Salmtal gelegenen Abtei Himmerod. Dort leben seit 1135 Zisterziensermönche. Der hl. Bernhard von Clairvaux gründete dieses Kloster, seine erste und einzige noch existierende Gründung in Deutschland. Besonders sehenswert ist die barocke Abteikirche, die nach der Säkularisation bis auf wenige Reste zerstört war und ab 1952 wieder aufgebaut wurde. Sie wurde 1962 fertiggestellt. Die eigentliche Kirche ist romanisch, die Vorderfront Barock.
Das ehemalige Zentrum der Eisenverarbeitung Eisenschmitt wird im Jahre 1372 erstmals urkundlich erwähnt. Die Ergiebigkeit der Eisenerzvorkommen, die Gewinnung von Holzkohle in den umgebenden Wälder zum Betrieb der Öfen und die Möglichkeit der Verhüttung durch die Wasserkraft der Salm waren groß genug, um Eisenhütten zu betreiben. Dies wiederum bedingte die Ansiedlung von Hüttenarbeitern und damit die Gründung und Vergrößerung eines Dorfes. Leider war das Objekt unseres Besuches, das der Autorin Clara Viebig gewidmete Clara-Viebig-Zentrum, nicht zugänglich. Es ergab sich jedoch, dass der Bürgermeister Fritzsche seines Weges kam und es sich nicht nehmen liess unserer für Eisenschmitt doch erheblichen Besuchergruppe vor dem schönen Clara Viebig Brunnen mit großem Elan die Geschichte des Ortes und die Bedeutung der Autorin für den Ort zur erläutern. Und den auf dem Brunnen dargestellte Roman „Das Weiberdorf“ sehr plastisch erläuterte. Sehenswert sind auch die geschnitzten Kreuzwegstationen in der Kirche.
Abends in unserem Quartier in dem Rande der idyllischen Eifelstadt Kyllburg inmitten der Kyllburger Waldeifel gelegenen Bildungszentrum Kyllberg referierte Kalla in der uns zur Verfügung stehenden „Klause“ ausführlich über die bewegte Geschichte der Eifel und die Ziele des nächsten Tages. Insbesondere hob er die große Armut hervor, die aus den verschiedenen Herrschaftsansprüchen der vielen kleinen und großen Adelsgeschlechter resultierten. Im Spätmittelalter war die Eifel Grenzgebiet zwischen den Erzbistümern Kurköln und Kurtrier, der Grafschaft Luxemburg und dem Herzogtum Jülich. Dies erklärt die große Zahl an jetzt in Ruinen liegenden Burgen, welche vor allem zur Grenzsicherung erbaut worden waren. Außerdem war die Eifel ständig Durchzugsgebiet von Armeen aller Art. Die der Bevölkerung „Fourage“ – Lebensmittel – abzwangen. Da die Böden auch noch wenig ertragreich waren, herrschte ständig Hungersnot und bittere Armut. Ausgerechnet die protestantische preußische Besatzung brachte der katholischen Region eine sehr benötigte Infrastruktur und eine soziale Gesetzgebung womit sich das Leben der Bewohner erheblich verbesserte.
Samstag Regenwetter. Wir fahren durch das romantische Kylltal zur Klosterkirche St. Thomas, einem einschiffigen Saalbau mit einer Nonnenempore. Der zweischiffige Raum unter der Empore war für die Laien bestimmt und ursprünglich mit Eisengittern abgeschlossen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verlegte man in diesen Laienraum Grabplatten aus dem Kirchenschiff, weshalb er fälschlich auch als Krypta bezeichnet wird.
Weiter nach Gerolstein, wo die von zwischen 1907 und 1913 von Franz Schwechten erbaute evangelische Erlöserkirche besichtigt werden sollte. Obschon Hannes mit dem lokalen Touristenbüro die Führung verabredet hatte erschien die zuständige Person nicht da sie angeblich mit einer wichtigen Angelegenheit befasst war. Der zuständige Pfarrer ist nicht befugt außerhalb der Gottesdienstzeiten die Kirche zu öffnen, schloss dann auf eigene Verantwortung das Gebäude auf. Die Innenausstattung erscheint mit großflächigen Goldmosaiken, Rundbögen und einer dominierenden Kuppel für eine Kirche in der Diaspora geradezu verschwenderisch. Für die teilnehmenden Bad Homburger ein bekannter Anblick, da es auch dort eine von dem gleichen Baumeister im gleichen Stil erstellte jedoch wesentlich größerer Dimension Erlöserkirche gibt.
Weiter zu dem bereits beschriebenen Mausfallenort, wo in der größten Mäusefalle der Welt ein ausgezeichnetes Mittagessen genossen und anschließend eine sehr interessante Führung durch das Museum stattfand. Sehenswert!
Dann, endlich die Maare. In Ulmen das Ulmener Maar, an dessen Ufer sich die Stadt erstreckt. Ziel unseres Besuches war die im neoromanisch-gotischen Stil erbaute St.-Matthias-Pfarrkirche in welcher sich der Grabstein des Ritters Heinrich von Ulmen, bekannt durch seine Teilnahme an den Kreuzzügen.
Weiter nach Daun., dem Zentrum der Vulkaneifel. Wir besuchen das Weinfelder Maar, auch Totenmaar genannt. Der Maarsee entstand vor rund 10.500 Jahren bei einer vulkanischen Dampfexplosion und ist rund 525 m lang, 375 m breit und 51 m tief. Die Bezeichnung „Totenmaar“ stammt vom in unmittelbarer Nähe des Maars gelegenen Friedhof mit einer kleinen, teilweise aus dem 14. Jahrhundert stammenden Kapelle. Dabei handelt es sich um die ehemalige Pfarrkirche von Weinfeld. Das Dorf ist das einzige, das infolge der Pest gänzlich ausstarb. Im Eingangsbereich der Kapelle befinden sich zahlreiche Dank-Tafeln, mit Widmungen wie: „Maria hat geholfen.“ Die düstere Stimmung, die von der Geschichte des Ortes ausgeht wurde noch durch das düstere Wetter verstärkt. Hier „fühlt“ man die Vulkaneifel im wahrsten Sinne des Wortes.
Nach dem Abendessen Führung durch die ehemalige Stiftskirche Kyllburg und heutige römisch-katholische Pfarrkirche Unserer Lieben Frau in Kyllburg. Sie wurde Ende des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts im Stil der Gotik errichtet. Aus dem 14. Jahrhundert ist der Kreuzgang erhalten. Die wertvollsten Ausstattungsstücke der Kirche sind die Renaissancefenster im Chor.
Anschließend trägt Kalla in unserer „Klause“ Literatur vor, die sich mit der Eifel und ihren Menschen befasst haben, so unter anderen von Werner Bergengruen.
Sonntag erreichen wir bei herrlichem Wetter das Städtchen „Monreal“. Es wird 1229 erstmalig erwähnt als „Monroial“, was übersetzt Königsberg heißt, liegt in einem engen Tal und ist somit bis heute aus Platzgründen von einer modernen Bebauung weitgehend verschont geblieben. Zwei Burgruinen, die etwas abseits gelegene Philippsburg und die Monreal überragende Löwenburg, dominieren das mittelalterlich gebliebene Altstadtbild. Nach dem 30jährigen Krieg entstand eine bedeutende Tuchindustrie welche durch die internationale Konkurrenz unterging. Die meisten der Fachwerkhäuser sowie die Kirche der Heiligsten Dreifaltigkeit von 1460 sind als Kulturdenkmäler aufgeführt. Besonders beeindruckte den Chronisten der „Schandbaum derer Wald- Strauch und Gartendiebe“ von Anno 1588 einschließlich Hand- und Halsschellen. Berühmt wurde der Ort durch die Krimi Reihe „Der Kommissar und das Landei“, die hier gedreht wurde.
Durch die herrliche in voller Blüte stehende Vulkanlandschaft erreichte man das bereits Anfangs erwähnte Mendig und genoss vor dem Besuch des „Lava Doms und des „Lava Keller“ in den umfangreichen Lokalitäten der „Vulkanbrauerei“ eine ausführliche Stärkung.
Im „LavaDom“ wurden wir von einem enthusiastischen jungen Studenten in die Wissenschaft der Vulkane und ihrer Eigenheiten eingeführt und erlebten hautnah anhand einer überdimensionalen Video-Schau einen Ausbruch. Die anschließende Simulation einer Fernsehsendung während eines Vulkanausbruchs mit heftig gefühlten Erdbeben schickte so manchen Überwältigten laufenden Schrittes in die Sicherheit.
Ebenso ausdrucksvoll ist die Führung durch die riesigen anfangs beschriebenen Lavakeller.
Das Treffen schloss um 16.00 Uhr mit einer Abschiedsrunde vor der Abtei Maria Laach ohne diese besucht zu haben da die Mehrzahl der Teilnehmer die Heimfahrt antreten musste. Wieder ging ein schönes, sehr interessantes Treffen zu Ende und den Organisatoren sei ganz herzlich für dieses Abenteuer gedankt.
Das nächste, 30. Treffen findet von Mittwoch, den 30. September bis Freitag, dem 2. Oktober in Annweiler unter dem Motto „Pfälzische Geschichte und Geschichten um Burgen, Kirchen und Wein“ mit Schwergewicht auf Wein statt.
François
Bilder im Internet unter: Treffen Eifel