27. Treffen der Region West am Rhein

Geysire, Schlösser, große Europäer

Wetter: gut, Laune: bestens, Spannung: hoch. Womit die Stimmung der 43 Teilnehmer an dem 27. Treffen der Region Westdeutschland zusammengefasst werden kann. Wobei das mittelalterliche Städtchen Andernach die für einen gelungenen Beginn beste Kulisse bot. Andernach präsentiert sich als „essbare Stadt“ weil anstelle der üblichen Blumen die Bürger motiviert werden ihre Anlagen mit essbarem Gemüse zu bepflanzen die jedermann dann auch zu genießen aufgefordert ist. Eine sehr originelle Idee.

Nach den ausführlichen Begrüßungen dann als Vorspiel des ersten Höhepunktes: das absolut sehenswerte Erlebnis- und Informationszentrum Geysir Andernach. Das sehr utopische Gebäude liegt direkt am Rhein von wo auch die „Namedy“, das Motorschiff das die Besucher zum eigentlichen Geysir bringt. Mit dem Fahrstuhl geht es erst einmal 4.000 Meter ins Erdinnere hinab, zumindest suggeriert dies eine raffinierte Technik. Das Ausstellungskonzept einer erlebnisreichen Wissensvermittlung ist gelungen und bietet Kindern wie Erwachsenen sehr anschaulich Einblicke in die Vorgänge die zu einem Geysirausbruch führen. Man sollte 1 ½ Stunde für den Besuch einplanen.

Dann legt das komfortable Schiff ab und bringt uns in das Naturschutzgebiet Namedyer Werth wo die eigentliche Schau beginnt. Die Eifel ist von Vulkanen geformt. Dort raucht es zwar Seit mehr als 11.000 Jahren nicht mehr, doch Mofetten, Austritte von Gasen vulkanischen Ursprungs, findet man noch immer an vielen Orten. An zwei Orten drücken diese Gase in regelmäßigen Abständen sogar Wasserfontänen in die Luft: Kaltwassergeysir nennt man das, und einen davon konnten wir jetzt bewundern. In den Jahren 1901 bis 1903 bohrte man auf der Rhein-Halbinsel Namedyer Werth in den Boden, weil im Uferbereich steigende Gase aufgefallen waren, die man als Kohlendioxid erkannte. CO2 ist ein wichtiges, industriell nutzbares Gas. Eine Bohrung erreichte eine stark Grundwasser-führende Schicht. Und zwar so CO2-gesättigtes Wasser, dass dieses von diesem Augenblick an in einem steten Puls unter Hochdruck an die Oberfläche bis auf eine Höhe von 60 Metern schießt. Ein fürwahr imposanter Anblick.
Abends im komfortablen Quartier einen der beliebten Vorträge von Karl Scherer über die Geschichte dieser Region, insbesondere der Rolle Bonns, welches auf eine mehr als 2000-jährige Geschichte zurückblicken kann. Damit gehört Bonn zu den ältesten Städten Deutschlands. Sie geht auf germanische und römische Siedlungen zurück. Von 1597 bis 1794 war sie Haupt- und Residenzstadt des Kurfürstentums Köln. 1770 kam Ludwig van Beethoven hier zur Welt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Universität Bonn zu einer der bedeutendsten deutschen Hochschulen.1948/49 tagte in Bonn der Parlamentarische Rat und arbeitete das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland aus, deren erster Parlaments- und Regierungssitz Bonn 1949 wurde. Als Resultat der Wende wurde der Regierungssitz in die alte Hauptstadt Berlin verlegt. 19 Organisationen der Vereinten Nationen (UN) und die beiden DAX-Unternehmen Deutsche Post und Deutsche Telekom sind immer noch in Bonn ansässig.
Mittwoch. Morgenrunde mit Gedanken von Wato, bezogen auf einen Artikel von Dr.Wolfgang Bühnemann (ehem. Pfader): „Der Begriff des Vaterlands heute“ – bei uns keinen allzu guten Ruf, in allen Nachbarländern aber geehrt und hoch gehalten.
In Rhöndorf ein weitere Höhepunkt: die Führung durch das Adenauer Haus, in welchem der große Politiker und Europäer seine Tage verbrachte. Er wurde erst mit 73 Jahren Kanzler (jeder seiner Nachfolger war mit diesem Alter bereits nicht mehr im Amt), blieb 14 Jahre im Amt und hatte damit nach Helmut Kohl die zweitlängste Amtszeit aller deutschen Bundeskanzler. Er war ferventer Europäer und persönlicher Freund von De Gaulle. Beide legten die Grundlagen der Deutsch Französischen Freundschaft und somit eines geeinten Europas das dem Begriff der „Erbfeindschaft“ ein Ende setzte und die bis heute anhaltende Periode des Friedens einleitete.
Zugang zu dem Haus ist nur möglich über Treppen mit an die 300 Stufen. Diese erstieg Adenauer bis ins späte Alter (er starb mit 91 Jahren) und sämtliche Besucher mussten diesen Weg nehmen. Was einigen unserer Gruppe nicht ganz leicht fiel. Das Haus ist ein wunderschön gelegener Landsitz mit tollem Blick auf das umgebende Siebengebirge und Rheintal. Und mit einem großen Garten mit einer südländisch anmutenden Vielfalt von Pflanzen, Plastiken und Brunnen sowie vor allem Rosen, die Adenauer liebte. Der Garten erinnert an das nördliche Italien, das Adenauer schätzen und lieben lernte. In Cadenabbia am Comer See, wo er in den letzten zehn Jahren seines Lebens regelmäßig seinen Urlaub verbrachte, lernte er auch das Boccia-Spiel kennen, das ihn so sehr faszinierte, dass er sich in seinem Garten in Rhöndorf sowie im Park des Palais Schaumburg in Bonn eine Bahn dafür bauen ließ.
Haus und Umgebung lernten wir durch eine hochinteressante Führung gespickt mit vielen Details und Anekdoten aus dem Leben dieser großen Persönlichkeit kennen.
Weiterfahrt nach Bonn. Mit etwas Mühe und Geduld finden wir für unser Fahrzeug in der Marktgarage Platz – mitten im Markttreiben, dominiert von dem bildhübschen im Rokokostil gehaltenen „Alten Rathaus“.
Zum Mittagessen entdecken einige von uns das „Em Höttche“, das traditionsreichste Gasthaus von Bonn (seit 1389) in welchem angeblich schon Beethoven tanzte. Urige Atmosphäre, typisch Bonner Schmankerl. Eine Wohltat zwischen all den Pizzerias und Eissalons.
Nach einem etwas komplizierten Treffen im Eingang der Universität folgte unter Führung von Kalla ein etwas zu kurz geratener Rundgang durch die Bonner Altstadt mit Besichtigung des Münsters.
Zum Abschluss ein Besuch des Beethoven Hauses in der Bonnstrasse. Da die Stadt Bonn 1888 nicht am Erhalt des Geburtshauses Beethovens interessiert war, gründeten zwölf kunstsinnige Bonner Bürger und Rentiers den Verein Beethoven-Haus und erwarben die Liegenschaft, um sie als Gedenkstätte einzurichten. Ihr Ziel war, das Geburtshaus, wiederherzustellen und eine Sammlung einzurichten, die alle seine Werke in Handschriften und Druckausgaben, seine Briefe, bildliche Darstellungen und andere Reliquien sowie sämtliche Literatur über ihn umfassen sollte. Das resultierende Museum umfasst zwei ursprünglich getrennte Gebäude, das Vorderhaus und den Anbau zum Garten hin, in dem der Komponist seine ersten Lebensjahre verbrachte. Bei der Einrichtung des Hauses für Museumszwecke wurden die beiden Häuser verbunden. Verwinkelter Raumzuschnitt, niedrige Räume und die im Hinterhaus knarrenden Treppenstufen und Dielenböden in dem heute denkmalgeschützten Gebäude des 18. Jahrhunderts vermitteln einen Eindruck von den damaligen Lebensverhältnissen.
Abends ging Kalla auf den Gedanken „Vaterland“ ein und hob insbesondere den gravierenden Unterschied zwischen echter Vaterlandsliebe und fanatischem Nationalismus hervor. Dann fand man endlich die langersehnte Gelegenheit zum Singen.
Donnerstag. Morgenrunde mit Watos Gedanken über die Gelassenheit. Eine Welt im Wandel bedingt Gelassenheit. Dies bedeutet sich auf die Innenwelt stützen um die Außenwelt zu ertragen oder gar gestalten. Sie hilft Scheitern und Krisen zu ertragen und zu bewältigen.
Als nächster Punkt auf dem Programm Fahrt nach Brühl und Führung durch das Schloss Augustusburg, eine der bedeutendsten Schöpfungen des Rokoko. Das Schloss war die Lieblingsresidenz des Kölner Kurfürsten und Erzbischofs Clemens August aus dem Hause Wittelsbach (1700-61). Ab 1728 erhielt es unter dem kurbayerischen Hofbaumeister François de Cuvilliés seine Ausgestaltung als herausragende Residenz dieser Zeit. Bis zu seiner Vollendung 1768 wirkten hier namhafte Künstler von europäischem Ruf. Beispielhaft sei Balthasar Neumann genannt, der den Entwurf für das Prunktreppenhaus anfertigte, ein Bravourstück, eine hinreißende Schöpfung voller Dynamik und Eleganz. Auffallend ist, dass sämtliche Gemächer des Schlosses mit ausgesprochen schönen Deckenverzierungen ausgestattet sind. Unser Führer leitete uns 1 ½ Stunden lang durch die Haupträume und führte uns in die Geschichte der jeweiligen Besitzer ein.
Weiter zum Jagdschloss Falkenlust, eines der bevorzugten Jagdschlösser des Erzbischofs. Es entstand in nur wenigen Jahren entstand zwischen 1729 und 1737 nach den Plänen von François de Cuvilliés und ist eine der intimsten und kostbarsten Schöpfungen des deutschen Rokoko. Leider war die Zeit zu kurz für eine Besichtigung.
Nach dem Mittagessen in einem dem Schloss angegliederten italienischen Lokal die Abschiedsrunde vor der Kulisse eines Teepavillons. Wobei auch endlich die Vorhersagen der Wetterspezialisten zutrafen und es zu regnen begann.
Es war wieder ein hochinteressantes Treffen, bestens organisiert von Hannes Enzinger und Karl Scherer denen hierfür mal wieder unser Dank ausgesprochen sei.
Nächstes Treffen von Freitag, den 26. bis Sonntag, den 28. September 2014, diesmal in Verdun wo wir des Ausbruchs und der Folgen des ersten Weltkrieges gedenken wollen.
François

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