Pfadfindergeschichte – 1945 bis heute

Der Neubeginn der Pfadfinderbewegung 1945

Nach Kriegsende ließen DPSG und CPD sogleich ihre alten Bünde mit und ohne Erlaubnis der Besatzungsbehörden wieder aufleben, obwohl die Pfadfinder in den vier Besatzungszonen zunächst noch weiter verboten waren.

Relativ schnell fiel das Verbot in der amerikanischen Zone. Dort lebte der 75jährige Alexander Lion, der im Sommer 1945 die Leitung des Kreisjugendamtes in Bad Aibling übernahm und über den Bayer. Rundfunk und die Presse sofort einen Aufruf an alle ehemaligen Pfadfinder verbreiten ließ, sich bei seiner Dienststelle zu melden.

Im April 1946 begann Lion eine umfangreiche Korrespondenz mit dem Internationalen Büro der Pfadfinderbewegung in London und schon an Pfingsten konnte im Isartal bei Mittenwald das erste Pfadfinderlager der Nachkriegszeit eröffnet werden.

Kajus Roller gründete 1947 in Karlsruhe den Jugendbund „Greif“ (später BDP-Stamm) In Kaiserslautern erweckte Karl Franke den DPSG-Stamm zu neuem Leben. 1948 ist auch der Bund Deutscher Pfadfinderinnen neu gegründet worden.

Im Ostsektor Berlins und der gesamten Sowjetzone war im März 1946 an die Stelle der HJ die Freie Deutsche Jugend (FDJ) getreten. Die Pfadfinderbewegung blieb dort verboten. Man scheute sich aber nicht für die jungen Pioniere Klufthemd und Halstuch von den Pfadfindern zu übernehmen.

1948 gründete sich der Bund Deutscher Pfadfinder (BDP) und damit wurde der lang ersehnte große interkonfessionelle Pfadfinderbund Wirklichkeit.

Für Alexander Lion der zum Ehrenfeldmeister wurde, ging ein Traum in Erfüllung. Der neue Bund unter Führung von Kajus Roller vereinigte Gruppen und (regionale) Bünde der unterschiedlichsten Prägung. Die lebendige, bunte Vielfalt – das war seine Chance, allerdings auch seine Gefahr. Zunächst aber hatte der BDP großen Zulauf und war neben DPSG und CPD sogleich unbestritten die dritte feste Größe im deutschen Pfadfindertum der Nachkriegszeit.

CPD und DPSG , die sich schon im Herbst 1947 zur „Arbeitsgemeinschaft deutscher Pfadfinderbestrebungen“ zusammengeschlossen hatten, gründeten gemeinsam mit dem BDP am 1. Oktober 1949 im Haus Altenberg den „Ring Deutscher Pfadfinderbünde“, der Gründungsmitglied des Bundesjugendrings und – nachdem er alle Aufnahmebedingungen des Internationalen Büros erfüllte – am 21. August 1950 auch zur Freude aller „alten“ Pfadfinder, die dies von ganzem Herzen ersehnt hatten, Mitglied im Weltverband der Pfadfinder wurde.

Im Sommer 1951 auf dem 7. Weltjamboree in Bad Ischl in Österreich waren die deutschen Pfadfinder erstmals offiziell durch ein Kontingent der drei Ringbünde vertreten. Seither hat das deutsche Pfadfinderkontingent auf keinem Jamboree mehr gefehlt.

Stetige Entwicklung zeichnete von da an DPSG, CPD und BDP aus, was ganz sicher mit darauf zurückzuführen war, dass ihre drei ersten Bundesführer – Kajus Roller (BDP), Heinrich Karsch (CPD) und Hans Fischer (DPSG) jeweils 14 Jahre im Amt geblieben sind. In diesen 14 Jahren hat sich in den 3 Bünden einiges bewegt; sie wurden auf vielen Feldern aktiv.

Gleich zu Beginn sind sie in die Flüchtlingslager gegangen und haben sich dort der jugendlichen Flüchtlinge angenommen, haben Jungen für ihre Gruppen ‚gekeilt‘ oder neue Pfadfindergruppen in den Lagern selbst gegründet.

Wenig später begann man sich um behinderte Kinder zu bemühen: 1956 entwickelte die DPSG die Idee, ein Erholungsstätte für diese Kinder zu bauen. Um das zum Bau benötigte Geld ‚zusammenzubringen‘, startete sie 1961 die jährliche Aktion „Flinke Hände, flinke Füße“ zur Finanzierung sozialer Projekte. Schon 1957 wurde dann  in Westernohe das erste integrative Zeltlager mit behinderten Kindern durchgeführt.

Auch die CPD und ihr Nachfolger, der „Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder“ (VCP) wissen sich der Behindertenarbeit verpflichtet. Das unterscheidet die beiden christlichen Pfadfinderbünde, von allen anderen bündischen Gruppierungen.

Der gesellschaftliche Umbruch von 1968 hat natürlich auch die Pfadfinderbewegung nicht verschont. Linksextreme APO-Leute versuchten sie zu unterwandern und total umzugestalten, um sie politisch umzufunktionieren. Vollständig gelang ihnen dies aber nur beim BDP, bei dem schon Mitte der 50er Jahre ein langanhaltender Erosionsprozess eingesetzt hatte. Mitte der 60-iger Jahre eroberten progressiv genannte Linksradikale Schlüsselstellungen in der Bundesleitung und begannen dort ihre Vorstellungen von Demokratisierung und antiautoritärer Erziehung umzusetzen.

1971 verließ nach einer knapp gescheiterten Vorstandswahl ein großer Teil des Verbandes den Bund Deutscher Pfadfinder (BDP) und gründete den <a href=“http://de.wikipedia.org/wiki/Bund_der_Pfadfinderinnen_und_Pfadfinder“ title=“Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder“>Bund der Pfadfinder</a>(klein“d“). Ebenso schlossen sich regionale Pfadfindergruppen, die ebenfalls den Bund Deutscher Pfadfinder verlassen hatten 1971 zum Deutschen Pfadfinderverband (DPV) zusammen.

Am 10.11.1971 wurde dann der Bund der Pfadfinder statt des Bund Deutscher Pfadfinder (groß“D“) in den „Ring Deutscher Pfadfinderbünde“ aufgenommen und am 1.1.1973 als Mitglied des Weltverbands anerkannt. 1975 fusionierte der Bund der Pfadfinder mit dem Bund Deutscher Pfadfinderinnen und gründete den heutigen interkonfessionellen Ringpartner Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder.

Auch die beiden konfessionellen Pfadfinderbünde hatten sich den Herausforderungen der 68er Bewegung zu stellen. Sie hatten aber bei dieser Auseinandersetzung ein festes Standbein: ihr Bekenntnis zum christlichen Glauben.  Am wenigsten turbulent ging es in der DPSG zu. Sie gab sich eine neue Verbandsordnung in der nun auch von politischer Bildung und Verantwortung, von sozialem Engagement und vom Einsatz für Frieden und Umwelt die Rede war. Die alten Pfadfindergesetze wurden als „Regeln“ bzw. „Grundsätze“ neu formuliert, inhaltlich aber kaum verändert. Der strukturelle Aufbau blieb an das bewährte scoutistische Muster angelehnt. Seit 1971 können auch Frauen und Mädchen bei ihr Mitglied werden. Die kleine „Pfadfinderinnenschaft St. Georg“ hat sich bis heute gleichwohl neben der großen DPSG behaupten können.

Die CPD wurde von der 68-Bewegung weitaus stärker betroffen als die Georgspfadfinder. Ihr traditionelles Grundgerüst geriet ins Wanken. Sinkende Mitgliederzahlen waren die sichtbare Folge. Sowohl von der Verketzerung des scoutistischen Systems als auch von der neu erwachten religiös-kirchlichen Skepsis, drohten der CPD Existenzkrisen. Aber der Bund bannte zunächst alle Gefahren indem er sich für eine Strategie entschied: seinen Jugendlichen zuzugestehen, was sie nach innerem Anrecht fordern durften, ohne dabei den Kern sowohl seines pfadfinderisch-bündischen als auch seines religiösen, erzieherischen Auftrags zu verletzen.

Doch als sich die CPD 1973 mit dem „Evangelischen Mädchen Pfadfinderbund“ (EMP) zum „Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder“ (VCP) zusammenschloß, vollzog ein beachtlicher Teil seiner Mitglieder diesen Zusammenschluss nicht mit, sondern gründete die ‚alte‘ CPD neu.

Nachdem die 68er Bewegung verebbt war, haben sich die deutschen Pfadfinderbünde weiter entwickelt, neue Betätigungsfelder erschlossen und vor allem eine stärkere Zusammenarbeit praktiziert.

Neben den Pfadfinderprojekten, die Hilfe zur Selbsthilfe im Geiste von Baden-Powells „learning by doing“ leisten wollen, sind auch andere  Aktionen erwähnenswert:  Helferdienste bei Kirchentagen, Kriegsgräberpflege im In- und Ausland im Benehmen mit dem Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge, Mitarbeit im Natur- und Umweltschutz u.a. durch Pflege von Streuobstwiesen, Bau von Krötenzäunen, Nistkästen und Säuberung von Waldstücken und Gewässern. Seit Jahren holen Pfadfinder zur Weihnachtszeit in Wien das Friedenslicht aus Bethlehem ab und bringen es in Gemeinden, Krankenhäuser und Altenheime – Für den Frieden treten sie ein, Friedenspfadfinder wie vor 100 Jahren!

Was war es, was ist es, das die Pfandfinderbewegung am Leben erhält? Es ist das genial entwickelte, bis heute einzige geschlossene System einer außerschulischen Freizeiterziehung, das die in jedem Jugendlichen schlummernde Neugier, die Lust auf Abenteuer, den Tatendrang weckt. Die Zauberformel dazu lautet „lernen durch tun“. Was nicht zur Tat wird hat wenig Wert.

Pfadfindergruppen sind heute angesichts der uns allen bekannten Probleme der Jugend notwendiger denn je. Ihre weltweite Vernetzung in der Bruderschaft aller Pfadfinder, ist eine gute Voraussetzung, um die Herausforderung der globalisierten Welt zu bestehen. Die deutschen Pfadfinder haben 100 Jahre Geschichte geschrieben und sie werden weiter Geschichte schreiben.

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